… raus aus der Schei… ist getan. Mein Fitnessgerät ist
eingetroffen und jetzt heißt tagtäglich drauf und immer wieder steigern. Alle
Rahmenbedingungen sind erfüllt, ich kann mich nicht mehr rausreden. Auch mein
Plan, gewisse Tabletten abzusetzen – ich nenne sie liebevoll ´Vogelfutter´ -
entwickelt sich derzeit gut und ich werde darum kämpfen, diesen Mist los zu
werden. Allerdings ´cheate´ ich dabei etwas, denn ich habe mir Magiesteine dazu
geholt. Aber auch wenn das alles nur Einbildung wäre, es könne mir helfen,
spielt es keine Rolle, denn ich fühle mich gut damit und irgendwas haben sie
bereits ausgelöst…
Gestern war ein seltsamer Tag, er fing schon irgendwie
seltsam an, das geht schon die ganze Woche so. Ständig begegne ich
irgendwelchen Tieren auf dem Weg in die Arbeit oder nach Hause. Ja klar fahr
ich mit dem Auto durch die Welt und da leben nun einmal auch Tiere, aber so
gehäuft sind sie mir noch nie untergekommen. Wir sahen uns auch stets in die
Augen, ob es nun ein Fuchs, eine Katze oder die drei Rehe waren, die am
Waldesrand standen. Ich hatte dann immer das Gefühl, sie ´sahen´ mich und
mahnten mich zur Vorsicht beim Fahren. Das wiederum führte dazu, dass ich
langsamer als gewöhnlich fuhr und auch mehr Abstand hielt. Wäre sonst
vielleicht was passiert? Wenn ja, würde ich an diese Tage zurückdenken, wie ich
es schon einmal tat und mir wünschen, ich hätte auf die Zeichen und die Stimme
in mir gehört…
Es ist bald vierzehn Jahre her, da gab es diese eine
Situation, die mich Lehren gestraft hat und ich mir bis heute Vorwürfe mache,
nichts gesagt zu haben. Ich arbeitete damals erst seit Kurzem in einem neuen
Team. Da hatten wir noch kleinere Büros und waren höchstens zu Dritt darin
beschäftigt, meistens waren wir aber nur zu Zweit. Diese Kollegin war etwas
älter und ich mochte sie gern, hatte etwas Mütterliches an sich und mit der
Zeit lernten wir uns gut kennen, ebenso auch die Gewohnheiten des Anderen. Dadurch
wusste ich auch, dass sie stets mit dem Zug in die Arbeit kommt, da das
einfacher praktischer für sie war, quasi von Haustür zu Haustür.
Dann war da dieser eine Tag – in einer Zeit die kurz nach
dem Tod meiner Freundin viele Gedanken in mir auslöste und von diversen Begebenheiten
hatte ich ja bereits berichtet. Meiner Kollegin hatte ich die ein oder andere
Geschichte dazu auch erzählt, aber es gruselte ihr eher davor und sie belächelte
es auch irgendwie. Deshalb vermied ich es dann auch diesbezüglich mehr zu
erzählen.
Es ging auf den Feierabend zu, meine Kollegin arbeitete
kürzer als ich und wir waren gerade dabei uns die letzten Worte zum Tag auszutauschen,
als es mir ´einschoss´: `Sei vorsichtig beim Autofahren, pass auf dich auf´. Ich
verwarf den Gedanken ganz schnell wieder und sagte nichts, denn ich wusste ja,
sie fährt doch immer mit dem Zug…
Am nächsten Tag kam ich in die Arbeit und erfuhr das
undenkbare. Sie hatte auf dem Weg nach Hause einen sehr schweren Autounfall und
sich nicht nur sprichwörtlich jeden Knochen im Leib gebrochen. Sie war an
diesem einen Tag ausnahmsweise mit dem Auto in die Arbeit gefahren, denn sie
musste etwas erledigen, was nicht mit dem Zug möglich war. Leider weiß ich
nicht wie es ihr heute geht, denn sie kam nie wieder in die Arbeit und die
Rehabilitation gestaltete sich aufgrund der Schwere der Verletzungen als
langwierig. Der Unfall ereignete sich auf einer Bundesstraße und einer
Abbiegung, an der ich auch schon oft vorbeigefahren bin. Sie ist quasi frontal
mit einem VW-Bus kollidiert, ungebremst. Die Stelle ist an sich gut einsehbar,
es war wohl ein Augenblick eines flüchtigen Gedankens und unglücklicher
Zufälle. Aber hätte ich es mit diesem einfachen Satz `Fahr vorsichtig…`vielleicht
doch verhindert? Das werde ich nie erfahren, dennoch mache ich mir Vorwürfe.
Nun zum Überlegen: Nimmt man in der heutigen Zeit solche
Sätze überhaupt noch ernst? Sie sind ja leicht ausgesprochen und man sagt sie
auch meistens ganz flüchtig, gehört ja irgendwie zum guten Ton. Seit diesem Tag
gehe ich mit diesem Satz nicht mehr leichtfertig um. Das war auch gut so, für
einen anderen Arbeitskollegen…
Wir schrieben eine Zeit lang ziemlich oft über WhatsApp –
shame on me, auch mal während der Arbeitszeit. Das ist jetzt gut vier Jahre
her, da war ich noch Teamleiterin und saß grad in einer Besprechung, als es mir
wieder `einschoss`. Zu dem Zeitpunkt hatten wir grad nicht geschrieben, aber
ich nahm sofort mein Handy in die Hand und schrieb ihm, er soll doch bitte beim
Heimfahren aufpassen und vorsichtig fahren. Ihm hatte ich bereits vorher einmal
ein paar Begebenheiten berichtet, er hatte gelächelt. Auch als ich ihm von
meinem Credo ´jeden Tag eine gute Tat´ erzählte.
Nach Feierabend als ich Zuhause war, rief er mich an. Er
war total aufgeregt und berichtete mir, dass sich auf dem Heimweg ein schlimmer
Unfall ereignet hat und hätte er nicht auf mich gehört, hätte es ihn erwischt
und – er fuhr das gleiche Auto wie meine Kollegin damals – er hätte das nicht
überlebt.
Er hat eine kleine Rennkiste und die fuhr er auch
entsprechend. Auf dem Heimweg von der Autobahn runter, geht es eigentlich
ziemlich gut geradeaus mit diversen Einmündungen. Die Strecke ist gut befahren,
daher kann das dann auch mal dauern, bis man von so einer Einmündung in die
Hauptstraße einbiegen kann. Dann stand in so einer Einmündung ein Bus, im
Feierabendverkehr schon fast verzweifelt daran, nicht einfahren zu können. Er
fuhr langsamer, hielt an und ließ den Bus vor. Seine gute Tat für diesen Tag,
die ihm vermutlich das Leben rettete. Vor dem Bus war dann noch eine Mittelklasse
Limousine mit einigem mehr an Knautschzone, nach dem Bus kam er und wenige Kilometer
später kollidierte die Limousine mit einem entgegenkommenden Auto, das auf die
falsche Fahrbahn geriet, warum auch immer. Er hätte diesen Bus locker überholen
können, aber meine Worte hallten noch nach `fahr vorsichtig` und er tat es
nicht. Der Bus hielt die Folgekollision mit den Autos aus, er hätte es wohl
eher nicht überlebt. Der Bus war seine Rettung.
Die Tiere diese Woche, haben mich vielleicht vor Schaden
bewahrt, dafür kann ich nur Danke sagen. Wenn ich heute zu jemandem sage `fahr
vorsichtig`, hoffe ich inständig, derjenige hört auch auf mich, wer weiß ob
er/sie die Tiere/Zeichen sehen würde.
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