Dienstag, 6. November 2018

Gedankensalat


Die letzten Tage waren anstrengend für mich, es gab viel nachzudenken, über mich selbst zu erfahren und zu reflektieren. Der Besuch meines Orakel-Babys am Wochenende hat mir sehr gut getan. Sie ist so unbeschwert und neugierig auf alles, was sich greifen oder lernen lässt. Da wird man schon ein bisschen neidisch, wenn man bedenkt, womit man sich als Erwachsener rumschlagen muss… ein Wildunfall ist dagegen wohl eher eine Kleinigkeit. War aber tatsächlich für mich ein Moment, inne zu halten und viel zu viel nachzudenken.

Der Unfall hat mich etwas außer Gefecht gesetzt, nach einer Woche bin ich nun wieder in der Arbeit und froh drum, denn die Auszeit war definitiv zu lang. Habe zwar noch ein wenig Schmerzen, aber das kommt vom Sitzen, das wird der Physiotherapeut richten. Naiver weise bin ich ja schon bissel froh, dass ich die Rückenmuskeln spüre, das heißt nämlich, ich habe welche. Immer das Positive sehen.
Die Tage der Auszeit habe ich auch dafür genutzt, meine gesundheitlichen Möglichkeiten zu überdenken. Unterstützung durch die Rentenversicherung bei der Rehabilitation, dazu gehört auch der behindertengerechte Umbau des Autos, sollte es erforderlich sein. Eine Orthopädische Unterstützung, welche sich Orthese nennt, damit meine Fußhebeschwäche kompensiert werden kann, konnte ich ebenfalls ausfindig machen. Vielleicht könnte ich damit einfach mal wieder unbeschwert über einen Flohmarkt schlendern. Bin auch öfter spazieren gegangen, nicht lang oder weit, aber ein bisschen. Dafür brauch ich zwar bereits einen Gehstock, aber immerhin weiß ich jetzt eine kurze Strecke, die ich gehen kann ohne Totalausfälle des rechten Beins. Zumindest schaffe ich es wieder bis nach Hause, ehe es soweit kommt. Dann brauch ich erstmal eine gute Pause.
In diesem Zusammenhang hatte ich dann auch den Anflug, ich bräuchte ein anderes Auto. Weg von meinem geliebten BMW, hin zu einem Mittelklasse-SUV, damit ich höher einsteigen kann usw. Der Leihwagen war schuld, denn das war so ein Auto.
Dieses Gefühl oder der Gedanke daran, war für mich aber tatsächlich keine gute Idee. Innerlich war ich sehr aufgewühlt deswegen, denn ich empfinde es doch irgendwie als Resignation, wenn ich mir das nun auch noch von meiner Krankheit nehmen lassen würde, die freie Wahl. Dachte aber, es wäre vernünftiger und hatte deshalb auch schon alles im Kopf durchgespielt. Doch heute kam mein Auto aus der Werkstatt und ich war so glücklich. Die ganzen schlechten Gefühle waren weg, ich fuhr mit ihm in die Arbeit und wusste genau, was ich tun werde: `Scheiß auf die Krankheit, ich behalt mein Auto`.

Was ich auch noch erzählen wollte, eine wirklich süße Geschichte. Nach dem Unfall war ich ja äußerst enttäuscht über unsere Gesellschaft, da viele einfach nicht mehr auf andere achten. So wurde ich ein paar Tage später im Gegenzug positiv überrascht und ich bin richtig froh darüber, dass ich das erleben durfte.
Ich habe ja schon von diesem kleinen Mädchen erzählt, dem ich beim Einkaufen ein Mädchen-Kinder-Heft spendiert habe (Entscheidung I). Kann mich noch wie gestern an ihr Strahlen erinnern und an ihre Mutter – zauberhaft. Auf jeden Fall war ich in den Tagen der Auszeit mal wieder in diesem Laden, bei uns im Ort, einkaufen und stand gerade an der Kasse. Da waren zwei Jungen, vielleicht elf oder zwölf, voll im Herbstferienmodus und haben ein paar typische Kleinigkeiten einkaufen wollen, was zum Trinken und zum Essen/Naschen. Beim Kassieren stellten die Kinder dann fest, sie hatten nicht genug Geld dabei und die Kassiererin fragte die Jungs dann, auf was sie denn verzichten konnten. Sie sahen sich etwas verzweifelt gegenseitig an und wussten grad gar nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollten. Hinter mir stand eine andere Frau, die auch in dem Geschäft arbeitet und privat einkaufen war, und fragte dann, um wieviel es geht.
„57 Cent.“ Sagte die Kassiererin.
„Ach, komm, das schenk ich euch“ kam wie aus der Pistole geschossen. Die Jungs strahlten über beide Ohren und bedankten sich, fragten wie sie ihr das Geld später wiedergeben könnten. „Ist ein Geschenk. Jeden Tag eine gute Tat.“
Genau das war der Satz, den ich damals zu dem Mädchen gesagt habe und ich strahlte über beide Ohren. Ich zollte ihr meinen Respekt und sagte ihr, dass ich das einfach klasse finde.

Das, was man Kindern neiden könnte, die Unbeschwertheit zu Beginn des Lebens – wird durch die Erfahrung aufgewogen, die man Ihnen als Erwachsener weitergeben kann. Ich hoffe wirklich, dass sich unsere Kinder solche Gesten zu eigen machen und diese als Erwachsene ebenfalls weitergeben. Jeden Tag eine gute Tat!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen